Die KIM-VO – Über Sinn und Wahnsinn

*Das Titelbild wurde mit openart.ai generiert

Seit die Finanzmarktaufsicht (FMA) 2022 die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO) erlassen hat gibt es regelmäßig Diskussionen über deren Nutzen und ob sie wieder abgeschafft werden sollte. Zeit das genauer zu betrachten.

Was ist die KIM-VO?

Die KIM-VO wurde erlassen um die Risiken von Ausfällen und größeren Verwerfungen im Immobilienkreditmarkt zu reduzieren. Angesichts der steigenden Immobilienpreise und der zwischenzeitlich stark gestiegenen Kreditzinsen ein Sicherheitspuffer um besonders ausfallsgefährdete Kredite gar nicht erst zuzulassen.

Konkret geht es um folgende Vorgaben laut FMA:

  • Eine maximale Beleihungsquote von 90%, wobei den Kreditinstituten ein Ausnahmekontingent von 20% zugestanden wird.
  • Eine Schuldendienstquote von maximal 40% (Ausnahmekontingent: 10%).
  • Eine Laufzeit von maximal 35 Jahren (Ausnahmekontingent 5%).
  • Insgesamt dürfen aber bei einem Kreditinstitut maximal 20% aller Kredite eine der Obergrenzen überschreiten.
  • Um Renovierungen und Sanierungen – insbesondere den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger – zu erleichtern, sind Finanzierungen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze von € 50.000 von diesen Vorgaben ausgenommen.

Was bedeutet die KIM-VO für uns?

Rechnen wir das mal anhand eines Beispiels durch. Angenommen du möchtest ein Haus oder eine Wohnung um 500.000€ kaufen. Aus der Beleihungsquote von 90% ergibt sich ein Mindestwert von 20% in der Eigenfinanzierung. In diesem Fall müsstest du mindestens 100.000€ Eigenkapital aufbringen. Bei einem angenommenen Fixzins von 3,75% und einer Laufzeit von 30 Jahren entspricht dies in etwa einer monatlichen Rate von 1.870€. Diese monatliche Rate darf nicht mehr ausmachen als 40% unseres monatlichen Einkommens (Schuldendienstquote). Das Ausnahmekontingent definiert für wie viele Kredite diese Kennzahlen überschritten werden dürfen.

Was würde ein geringerer Eigenkapital-Anteil für uns bedeuten? Angenommen wir bringen nur 10% Eigenmittel auf und erhalten einen Kredit über 450.000€. So wären wir bei den gleichen Konditionen bei einer monatlichen Rate von 2.104. Das sind 234€ pro Monat, bzw. 2808€ im Jahr mehr. Auf die Laufzeit von 30 Jahren sind das 84.240€ mehr die wir zurückzahlen müssen. Also zahlen wir in Summe 34.240€ mehr.

Die KIM-VO bedeutet also, dass wir initial mehr Eigenmittel aufbringen müssen. Dafür langfristig jedoch eine geringere Kreditrate und eine geringere Gesamtlast abbezahlen müssen. Deshalb sinkt auch das Risiko eines Ausfalls. Da es einerseits wahrscheinlicher ist, dass die Kreditrate langfristig abbezahlt werden kann, also das Risiko eines Ausfalls sinkt, und andererseits im Falle eines Ausfalls und einer Pfändung bereits mehr abbezahlt ist, wodurch der Erlös des Verkaufs den fehlenden Betrag leichter ausgleicht.

Wer ist dafür, wer dagegen?

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) spricht sich bereits seit längerem klar gegen die KIM-VO aus. Sie fordert Lockerungen in der Verordnung, da sich Familien derzeit kein Eigenheim mehr leisten könnten. Auch so manchem Bauträger und Finanzdienstleister ist die KIM-VO ein Dorn im Auge. Schließlich ist es nicht nur für Bauträger schwieriger einen Kredit zu erhalten. Auch der Verkauf der neu gebauten Immobilien wird schwieriger wenn Private nicht mehr so leicht an Kredite kommen. Für Banken bedeutet dies ebenfalls weniger neue Kredite und damit weniger Einnahmen durch Zinsen, auch sie fordern die Abschaffung. Aus den unterschiedlichsten Ecken des Landes, ob Bauträger oder Politik wird postuliert die KIM-VO zerstört den Baumarkt.

Dem gegenüber steht eine steigende Anzahl an Kreditnehmern welche ihre Kredite nicht zurückzahlen können. Dies betrifft insbesondere Gewerbeimmobilien welche die KIM-VO nicht trifft, während Kredite für Wohnimmobilien dank der KIM-VO besser dastehen als in der Vergangenheit. Auch die Nationalbank, die FMA und der Internationale Währungsfonds plädieren für eine Beibehaltung der KIM-VO und warnen, dass ein Abschwächen dieser zu Problemen führen kann.

Woher kommen nun diese unterschiedlichen Ansätze? Gefühlt wird ein Abschwächen der KIM-VO vor allem von der Industrie gefordert welche dadurch mehr Kundschaft erwartet und mehr Einnahmen generieren möchte. Die Beibehaltung der KIM-VO wird jedoch vor allem von regulatorischen Institutionen empfohlen welche den Schutz der Kreditnehmer und die allgemeine Sicherheit des Kreditmarkts im Blick haben. Bereits in der Vergangenheit kam es zu Bankenkrisen und Immobilienblasen. Die Preise für Immobilien sind derzeit enorm hoch, die Zinsen sind gestiegen, und wir wissen nicht wie sich das in den nächsten Jahren weiterentwickelt.

Ist die KIM-VO zu streng?

Nun stellen wir uns zum Schluss noch einmal die Frage. Ist die KIM-VO zu streng? Ziehen wir dazu noch einmal unser Rechenbeispiel heran. Kaufpreis 500.000€, 100.000€ Eigenmittel, monatliche Rate 1.870€. Und diese monatliche Rate darf 40% unseres Einkommens nicht überschreiten.

Dass diese Grenzen für einen geringen Anteil der Kredite überschritten werden dürfen macht Sinn. Es wird individuelle Fälle geben, vermutlich vor allem bei sehr hohen Beträgen, in denen z.B. die monatliche Rate höher als 40% liegen kann.

Mein größter Kritikpunkt ist die 40% Schuldendienstquote da ich der Meinung bin, dass diese, abhängig vom Einkommen, auch höher liegen kann. Wenn jemand 3.000€ im Monat verdient und nachweislich nur 1.000€ im Monat zum Leben benötigt spricht vermutlich wenig dagegen die Rate höher anzusetzen. Natürlich bleibt dann weniger Puffer für unerwartetes, z.B. Kinder.

In den meisten Fällen ist jedoch davon auszugehen, dass die Schwellen gut gesetzt sind. Wenn die monatliche Rate 1.870€ ausmacht müsste der Kreditnehmer für die 40% Hürde monatlich 4.675€ verdienen. Bei diesem Einkommen sollte es ein leichtes sein die benötigten Eigenmittel in ein paar Jahren anzusparen. Bei einer Sparrate von 2.000€ im Monat wären das knapp vier (4,17) Jahre. Zinsen oder sonstiges dabei nicht berücksichtigt. Auch wenn die Sparrate niedriger liegt, ist es wohl gerechtfertigt für ein Haus auch erst Mal ein paar Jahre zu sparen. Ansonsten ist das Risiko bei Jobverlust oder ähnlichem deutlich höher auf der Straße zu landen.

Was ist nun wenn wir weniger verdienen? Bei einem monatlichen Einkommen von 2.000€ würden nach Abzug der 40%, nur noch 1.200€ überbleiben. Für viele Menschen ist das heutzutage nicht ausreichend, auch wenn es unter der Voraussetzung, dass eine sofort bewohnbare Wohnung gekauft wurde, für sparsame Menschen, absolut ausreichen kann. Das würde einem Kredit von etwa 155.000€ entsprechen, bei einem Kaufpreis von etwa 196.000€ und Eigenkapital von 40.000€ wären alle Kriterien erfüllt.

Dass es bei niedrigeren Einkommen auch automatisch schwieriger wird Geld auf die Seite zu legen ist klar. Bei einem Kaufpreis von 196.000€, 40.000€ selbst bereitzustellen erscheint mir allerdings nicht zu viel verlangt.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die KIM-VO im großen und ganzen eine valide Absicherung ist welche nicht zu streng erscheint. Auch wenn sich manche Menschen den Kredit wegen der Verordnung vielleicht nicht direkt leisten können, muss uns auch bewusst sein, dass diese Menschen mit einem Kredit ohne KIM-VO ein deutlich höheres Risiko eingegangen wären.

Dieses Risiko kann nicht nur für die Kreditnehmer übel ausgehen, sondern kann sich, wie in der Vergangenheit öfters gesehen, bei einem entsprechenden Crash, auf das gesamte Banken- und Immobiliensystem auswirken. Ein Kollaps auf Grund zu vieler fauler Kredite wäre jedoch nicht nur für die Banken und die Immobilienwirtschaft verheerend, sondern würde wieder einmal den Staat und die Steuerzahler treffen die mit Hilfspaketen zur Kasse gebeten würden.

Tatsächlich bin ich nicht der Meinung, dass die KIM-VO das Problem ist. Das Problem sind zu hohe Kosten für Immobilien, und im Schnitt zu geringe Löhne. Hier wollen zu viele Parteien am Erwerb von Immobilien verdienen und machen es privaten damit immer schwerer Immobilien zu erwerben.

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