Selbstexperiment – Lohnt es sich Gemüse selbst anzubauen?

Ich ziehe schon seit einigen Jahren auf meinem Balkon Erdbeeren auf und freue mich im Sommer über die selbst angebauten Früchte. Letztes Jahr hatten wir bereits mit größeren Töpfen als Ersatz für ein Hochbeet und kleineren Pflanzen experimentiert. Als dieses Jahr nur drei Gehminuten von unserer Wohnung entfernt Selbsternteparzellen vermietet wurden, wollten wir das ausprobieren. Zeit also für ein Experiment. Lohnt es sich Gemüse selbst anzubauen? Schmeckt es besser, kostet es weniger? Inzwischen ist die Saison vorbei und die Parzelle gehört uns nicht mehr, wir haben allerdings bereits eine Parzelle für nächstes Jahr reserviert. Alles weitere dazu liest du hier.

Das Konzept Selbsternte

Viele Menschen haben keinen Garten und nur mit Glück einen kleinen Balkon, damit also keine Möglichkeit selbst etwas anzubauen. Genau hier setzt nun das Konzept der Selbsternte an. Die Idee ist relativ einfach, der Landwirt, die Stadt, etc. vermietet dir eine Parzelle auf einem Feld die du selbst bebauen kannst. Je nach System kann es sein, dass auf deiner Parzelle schon etwas angesetzt ist, dass diese bewässert wird oder nicht.

Weiters unterscheiden sich Parzellen die langfristig vermietet werden und jene die saisonal gemietet werden. Bei langfristig gemieteten Parzellen kannst du natürlich bestimmte Pflanzen anbauen die bei einer saisonalen Miete keinen Sinn ergeben würden da sie länger brauchen um zu wachsen. Sobald du dich auf dem Feld eingemietet hast kannst du dieses umackern und bepflanzen, zupfst Unkraut, kümmerst dich selbst um die Pflanzen, zupfst Unkraut, erntest dein Gemüse und zupfst wieder Unkraut. Ja, du musst oft und viel Unkraut zupfen ;).

Unsere Erfahrungen – Ertrag & Learnings

Wir haben das Feld dieses Jahr zum ersten Mal gemietet. Während wir unser Feld hatten, haben wir tatsächlich deutlich weniger Obst und Gemüse gekauft obwohl wir bestimmt einiges nicht richtig gemacht haben und uns einiges nicht aufgegangen ist. Im Endeffekt haben wir über 66 kg Bio-Gemüse geerntet. Mehrere Kilo Mangold haben wir nicht geerntet da er uns nicht geschmeckt hat, viele Kilo Tomaten konnten wir nicht ernten da sie schlecht geworden sind. Kürbis und Zuckermelonen haben wir teilweise zu spät eingesetzt, teilweise sind sie einfach nichts geworden. Auch beim Mais hatten wir Pech. Die Ernte sollten wir nächstes Jahr also problemlos erhöhen können.

Hier eine Aufstellung davon, was wir alles geerntet haben. Je nachdem entweder in Gramm oder als Stück angegeben.

GrammStück
Fisolen2700
Radieschen3 Bund
Mangold3000
Erbsen10
Petersilie29 Bund
Salat2 Kopf
Zucchini24830
Rote Rüben12350
Karotte2780
Gelbe Paradeiser6755
rote Paradeiser1040
Paprika19 Stk
Pfefferoni28 Stk
Kohlrabi8 Stk
Petersilien-Wurzel7100
Zwiebel1250
Mais4 Stk
Kürbis5000

Nicht nur, dass es während Corona ein netter Ausgleich war am Feld zu arbeiten, wir konnten auch ein paar tolle Erfahrungen sammeln. Das Gemüse schmeckt deutlich besser als alles, das wir jemals im Supermarkt gekauft haben und wird auch noch deutlich größer. Von riesigen Zucchini über rote Rüben (siehe Foto) war einiges dabei.

Ein wichtiges Learning war auf jeden Fall, dass wir genauer darauf achten müssen wie viel Abstand Pflanzen benötigen. Das hatten wir teilweise unterschätzt weshalb uns z.B. viele Tomaten schlecht geworden sind. Für Zucchini kann es Sinn machen mehltauresistente Pflanzen zu kaufen. Zuckermelonen sind vermutlich wirklich zu exotisch für unser Klima und den Platz können wir für andere Pflanzen sparen. Und der Kürbis muss einfach früher ausgesetzt werden. Damit können wir ziemlich sicher die Ernte für nächstes Jahr steigern.

Ein kleiner Tipp für Sparfüchse. Wer Pflanzen zu Hause mit Samen in kleinen Töpfen vorzieht und nicht die bereits angesetzten Pflanzen kauft kann einiges an Geld sparen.

Darüber hinaus mussten wir auch unser Ess- und Kaufverhalten etwas umstellen. Wir mussten stärker berücksichtigen welches Gemüse wir ernten können und haben manchmal an einem Tag große Mengen von einer Sorte geerntet. Manchmal war es also notwendig etwas davon einzufrieren oder einzukochen. Eine Zeit lang haben wir beispielswiese deutlich häufiger Zucchini gegessen als sonst da die Pflanzen einfach wahnsinnig viel abgeworfen haben.

Eine weitere Sache ist uns positiv aufgefallen. Der ökologische Effekt. Einerseits hatten wir weniger Verpackungsmüll vom Supermarkt da wir das Gemüse einfach direkt vom Feld nach Hause getragen haben. Andererseits war natürlich der ökologische Fußabdruck von unserem Gemüse ums Eck geringer als wenn das Gemüse erst mit LKWs durch die Gegend transportiert wird.

Wie viel Arbeit steckt dahinter?

Um diese Frage zu beantworten musst du zuvor eine Fragen beantworten können.

Welche Leistungen sind inkludiert?

Die Kosten für ein solches Feld können sehr stark variieren. Wir haben für 40 Quadratmeter 190€ gezahlt. Es gibt deutlich günstigere oder auch teurere Felder. Der Vorteil bei diesem Feld war jedoch, dass bereits eine breite Palette an Gemüsesorten eingepflanzt war und das Feld automatisch bewässert wurde. Das bedeutet wir mussten nur noch Teile vom Feld umgraben, zusätzliche Pflanzen einsetzen, Unkraut zupfen, uns um die Pflanzen kümmern und anschließend Ernten. In so einem Fall musst du auch nicht jeden Tag am Feld sein um zu gießen. Für unser Feld lautete die Empfehlung daher etwa 2 Stunden Arbeit pro Woche einzuplanen. Rückblickend denke ich kommen die 2 Stunden schon ganz gut hin.

Wie/Wo du ein Feld mieten kannst

In Deutschland gibt es mehrere Anbieter, eine übergeordnete Liste konnte ich nicht finden. Die Ackerhelden oder Meine-Ernte könnten die richtige Adresse für dich sein. Bestimmt gibt es noch deutlich mehr Anbieter, aber da hilft dir die Suchmaschine deiner Wahl bestimmt besser weiter.

Für Wien findest du zum Beispiel bei Garteln-In-Wien eine Liste, darüber hinaus bemühst du am besten auch die Suchmaschine deiner Wahl. Wir haben unser Feld über den Biohof-Radl gemietet und waren dort sehr zufrieden. Vielleicht bieten sie ja auch in deiner Nähe ein Feld an.

Abrechnung – Lohnt sich ein gemietetes Feld finanziell?

Das hängt ein wenig davon ab, aber in unserem Fall hat es sich schon gelohnt. Wie komme ich darauf? Ich habe mir für jedes Produkt Vergleichspreise (günstig und Bio/teurer) herausgesucht und mit den geernteten Mengen gegengerechnet. Teilweise habe ich keine guten Vergleichspreise gefunden oder nur einen und habe dann einfach den genutzt. Die Rechnung ist also bestimmt nicht perfekt.

Warum die Unterteilung in Bio und günstig? Weil wir auf dem Feld nur Bio-Gemüse angebaut haben, aber im Supermarkt nicht immer nur Bio-Gemüse kaufen. Es wäre also ein verzerrtes Bild würde ich nur die Bio-Kosten berücksichtigen.

Dabei sollte ich noch einmal erwähnen, dass sich aus solch einem Feld bestimmt mehr rausholen lässt und wir noch ein paar Anfängerfehler gemacht haben. Hier werden wir also nächstes Jahr vermutlich besser aussteigen. So sieht dann jedenfalls die grobe Rechnung aus.

Gewicht/StückGünst. KostenBio-Kosten
Fisolen2,7kg4,3 €20,4 €
Radieschen3 Bund4,5 €4,5 €
Mangold3 kg5,0 €5,0 €
Erbsen10 g0,0 €0,1 €
Petersilie29 Bund28,7 €28,7 €
Salat2 Kopf1,8 €3,2 €
Zucchini24,8 kg34,5 €34,5 €
Rote Rüben12,3 kg21,5 €49,2 €
Karotte2,8 kg2,8 €7,2 €
Gelbe Tomaten6,7 kg10,1 €40,4 €
Rote Tomaten1 kg1,5 €6,2 €
Paprika19 Stk8,2 €15,0 €
Pfefferoni28 Stk12,0 €22,1 €
Kohlrabi8 Stk7,9 €11,9 €
Petersilien-Wurzel7 kg47,1 €47,1 €
Zwiebel1,2 kg0,9 €1,9 €
Mais4 Stk4,0 €4,0 €
Kürbis5 kg7,2 €19,8 €
201,9 €321,0 €

Die Kosten für die gleiche Menge an Gemüse hätte uns also je nachdem in welcher Qualität wir es gekauft hätten vermutlich etwas zwischen 200 und 320 Euro gekostet. Das Feld hat uns im Vergleich 190 Euro gekostet und die zusätzlichen Samen 10 Euro. Das nötige Werkzeug hatten wir bereits. Ansonsten hätte man sich auch ein paar Werkzeuge kostenfrei vor Ort ausborgen können. Wenn eigenes Gerät angeschafft werden soll, lassen sich die Kosten allerdings auch in Grenzen halten. Eine große Gartenhacke zum Umgraben um 5-7 Euro und noch ein zwei kleine Geräte um 1-2 Euro das Stück, mit 10 Euro lässt sich also vermutlich alles notwendige anschaffen.

Das heißt im schlimmsten Fall sind wir bei 0 ausgestiegen und haben nur unsere Zeit investiert. Dafür hatten wir den Vorteil frisches, qualitativ-hochwertiges Bio-Gemüse ernten zu können, das geschmacklich besser war, als alles das ich jemals in einem Supermarkt gekauft hätte.

Fazit

Also auf zum Fazit. Das Feld hat uns im großen und ganzen Spaß bereitet, auch wenn wir Tage hatten an denen wir nicht so motiviert waren viel auf dem Feld zu machen. Der Aufwand hält sich allerdings auch tatsächlich in Grenzen. Am Anfang ist der Aufwand für das Umackern und Einpflanzen etwas höher. Danach reichen 1-2 Stunden pro Woche zum Unkraut entfernen. Ansonsten brauchst du nur noch Zeit um zu ernten. Hier gilt natürlich größere Früchte sind schneller geerntet als kleine. Siehe zum Beispiel kleine Tomaten vs. große Tomaten. Es kann jedoch Zufall sein, die kleinen Tomaten waren bei uns die, die deutlich besser überlebt haben. Dafür war der Aufwand mehrere Kilo kleine Tomaten zu ernten auch größer.

Finanziell hat es sich ebenfalls gelohnt, wobei das natürlich nur gilt, wenn du die Zeit gerne investierst und nicht als Arbeitszeit gegenrechnest. Der größte Vorteil den ich dabei sehe ist, dass wir einfach deutlich besseres, schmackhafteres Bio Gemüse zur Verfügung hatten. Uns hat das Feld jedenfalls überzeugt und wir haben uns bereits erneut für nächstes Jahr eine Parzelle reserviert.

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