steigender Chart

Wie ich 100.000€ anlegen würde

Du erbst eine größere Summe oder gewinnst im Lotto und stehst plötzlich mit einem Batzen Geld da. Ein fiktives Szenario das in der Vergangenheit schon von unterschiedlichen Bloggern aufgegriffen wurde. Vor kurzem hat sich in meinem Umfeld jedoch tatsächlich die reale Frage gestellt. Wie würdest du 100.000€ anlegen? Deshalb habe ich begonnen mir Gedanken darüber zu machen wie ich mit dieser Situation umgehen würde. Welche Investitionen würde ich tätigen und würde ich alles auf einmal investieren oder die Anlage doch auf einen längeren Zeitraum strecken? Das interessante dabei, die Frage und mögliche Antworten darauf sind nicht nur bei dieser Summe interessant. Daher möchte ich meine Überlegungen dazu gerne hier mit euch teilen. Am Ende des Tages lässt sich übrigens fast jede Frage auf eine Frage der Diversifikation herunterbrechen.

Erhebung des Ist-Stands – Erste Überlegungen zur Diversifikation

Als erstes ist es wichtig den eigenen Ist-Stand zu kennen. Denn ohne diesen sind weitere Überlegungen nicht annähernd so sinnvoll. Dieses Problem bekomme ich übrigens auch oft in Facebook-Gruppen mit. Unterschiedliche Personen fragen ob dies oder jenes sinnvoll ist, geben allerdings keine wirklichen Informationen über ihren Ist-Stand preis. Wie viel möchtest du investieren, wie viel hast du schon angelegt, wie lang ist dein Anlagehorizont, welche Risiken bist du bereit in Kauf zu nehmen, etc. All diese Faktoren gilt es zu berücksichtigen.

In meinem Fall sollen die Investitionen sehr langfristig, mit dem Ziel durch Dividenden, Zinsen und Wertsteigerungen ein passives Einkommen zu ermöglichen, angelegt werden. Dieses Ziel soll in etwa 6 Jahren erreicht sein. Dafür sind inzwischen bereits über 150.000 Euro in unterschiedlichen Anlageklassen angelegt. Etwas mehr als 9% liegen jedoch noch in niedrigverzinsten Anlagen die ich noch auflösen bzw. umschichten möchte. Einen ersten Teil davon löse ich mit Anfang des Jahres auf und werde ich entsprechend umschichten. Das hat vor allem den Grund, dass ich mit den spezifischen Anlagen unzufrieden bin. Diese sind alte Anlagen die ich getätigt habe als ich es selbst noch nicht besser wusste. Darüber hinaus bin ich aktuell noch bereit das höhere Risiko in Kauf zu nehmen.

Darüber hinaus sind gut 50% meiner Investitionen sind in ETFs angelegt. Weitere 24% liegen in Aktien. Knapp 5% liegen in P2P-Krediten, Crowdinvestings und Cryptos. Der Rest sind die niedrigverzinsten Anlagen und Cash. Das heißt etwa 80% meiner Investitionen sind in riskanteren Anlagen mit entsprechender Rendite angelegt. Die restlichen 20% teilen sich auf Cash und niedrigverzinste, risikoarme Anlagen auf. Die 80% wiederum sind breit gestreut auf ETFs, Aktien, P2P-Kredite, Crowdinvestings und Cryptos (großteils Bitcoins). Das ist schon mal gar nicht so schlecht.

Was ist hier noch gar nicht enthalten? Richtig, Immobilien. Weder in Form von REITs noch in Form von selbst gekauftem, und vermietetem, Eigentum. Ein zusätzliches Investment in REITs hatte ich zwar bereits angedacht, allerdings nicht umgesetzt. Bzgl. Eigentumswohnungen bin ich zwar immer wieder auf der Suche habe allerdings bisher nichts passendes gefunden. Hier scheint der Markt in Österreich weniger herzugeben als der in Deutschland.

Die richtige Anlage finden – Diversifikation der Anlageklassen

Was wäre also anhand dieser Ist-Stand Analyse die richtige Anlage? Ich würde das Geld vor allem in ETFs anlegen und diese wie bereits im Artikel Investieren leicht gemacht unter der ETF-Strategie beschrieben auf einen MSCI World, einen MSCI Emerging Markets und einen MSCI Europe aufteilen. Dabei würde ich teilweise Faktor ETFs nutzen. Um das Risiko bei einer entsprechend höheren Gesamtinvestition noch zusätzlich zu verteilen würde ich einen REIT-ETF beimischen. Da die Summe der Gesamtinvestitionen damit deutlich steigt und das Ziel der finanziellen Freiheit damit ebenfalls deutlich näher kommen würde könnte man auch über eine Beimischung eines Anleihen ETF nachdenken. Ein weiterer Teil kann in P2P Kredite investiert werden. Der Vorteil an dieser Auswahl ist, dass die Anlagen unterschiedliche Korrelationen aufweisen. Das bedeutet wenn die eine fällt muss die andere nicht automatisch mit fallen.

Lies auch: Leitfaden für P2P-Kredite

Sollte sich die Gelegenheit ergeben, dass ich eine günstige Immobilie finde wäre ein Kauf auf Kredit mit einem kleinen Teil der 100.000 Euro als Eigenkapital ebenfalls denkbar. Wieso auf Kredit? Um diesen als Hebel zu nutzen und eine deutlich höhere Eigenkapitalrendite zu erzielen.

Das bedeutet in meinem Fall würde ich vermutlich 90% des Vermögens auf ETFs aufteilen (30% MSCI World, 10% EM, 10% Europe, 30% REIT, 10% Anleihen) und 10% in P2P Kredite. Der Anteil an REITs ist hier bewusst etwas höher angesetzt da diese bisher keine Rolle in meinem Portfolio spielen und die Gesamtmenge daher immer noch überschaubar ist. Da ich bisher keine interessante Immobilie gefunden habe wird diese Option nicht mehr weiter betrachtet.

Falls du dich fragst warum ich das aktuelle Verhältnis meiner Investitionen hier so stark berücksichtige. Weil du deine Investitionen immer gesamthaft betrachten solltest. Aktuelle Investitionen sind ähnlich zu betrachten wie wenn du dieses Vermögen heute neu investieren würdest. Ansonsten baust du dir selbst mit diversifizierten Anlagen wie ETFs potentiell ein gewisses Klumpenrisiko auf. Betrachtest du jedoch deine gesamten bisher getätigten Investitionen und berücksichtigst die Korrelation dieser mit deinen geplanten Investments kannst du prüfen wie gut deine Streuung tatsächlich ist.

Einmalanlage oder doch lieber aufteilen? – Zeitliche Diversifikation

Als nächstes stellt sich die Frage wie wir unsere Anlage von 100.000€ zeitlich aufteilen. „Aber Christian, sagst du nicht immer Market Timing funktioniert nicht?“ höre ich dich schon fragen. Ja, das ist auch richtig. (Quellen: Investiere dein Vermögen langfristig – Was wenn der Crash kommt?, Das richtige Mindset beim Crash – In Krisen halten und nachkaufen, Geldanlage mit ETFs – Wann sollte ich investieren?)

Wir müssen hier jedoch zwischen Market Timing und Zeitlicher Diversifikation unterscheiden. Das Ziel von Market Timing ist es den optimalen Kurs zu erwischen. Du gehst also davon aus, dass du den niedrigsten Punkt (oder die niedrigste 10% Spanne) vorhersagen kannst um dann groß zu investieren und beim Höhepunkt wieder auszusteigen. Das funktioniert nicht.

Der Ansatz der zeitlichen Diversifikation nimmt sich jedoch genau diese Prämisse zu Herzen. Wir wissen nicht wann wir optimalerweise einsteigen, deshalb streuen wir unsere Investition über einen zu definierenden Zeitraum und minimieren das Risiko genau am Höhepunkt einzusteigen. Die Frage die sich nun stellt ist ob das sinnvoll ist und welche Streuung die meisten Vorteile bietet. Als erstes müssen wir natürlich klären von welcher Anlage wir nun sprechen.

Zuvor jedoch noch eine Anmerkung. Wir sprechen hier über eine zeitliche Diversifikation bei einer verhältnismäßig großen Anlagesumme. Hast du beispielsweise 100.000€ bereits investiert und bekommst 10.000€ vererbt brauchst du über eine zeitliche Diversifikation vermutlich nicht groß weiter nachdenken. Die 10% auf das bestehende Vermögen sind anteilsmäßig zu gering als, dass das überhaupt relevant wäre. Bei einer größeren Anlagesumme kann die Frage schon etwas wichtiger werden.

Diversifikation von Immobilien

Die Frage der Diversifikation von Immobilien scheitert vermutlich noch am ehesten am nötigen Kleingeld. In den meisten Fällen wirst du nicht mehrere Immobilien auf einmal kaufen sondern genau eine Immobilie wenn diese attraktiv erscheint. Das Klumpenrisiko hast du dann ohnehin erst mal. Sollte der Markt einbrechen passiert das halt. Solange du deine Miete verdienst sollte das vorerst kein Problem sein. Eher ein Grund die nächste Immobilie zu kaufen sofern dir das möglich ist. Im Optimalfall kannst du das Klumpenrisiko mit der Zeit durch mehr Immobilien reduzieren. Solltest du nur eine Immobilie kaufen wollen dann kauf sie dann wenn die Immobilie günstig erscheint. Natürlich könnte es sein, dass der Immobilienmarkt kurz darauf einbricht, aber das kannst du ohnehin nicht im vorhinein wissen. Ist dir das Risiko bei Immobilien zu hoch oder du willst dich nicht damit beschäftigen, denk über REITs nach.

Diverisifkation von P2P-Krediten

Bei P2P-Krediten sehe ich das ähnlich wie bei Immobilien. Die Kredite werden, vereinfacht dargestellt, nicht auf einmal 50% weniger wert. Das Risiko ist eher das Ausfallsrisiko das den Kredit komplett wertlos machen kann. Solange der Kredit nicht ausfällt bekommst du, wenn vl. auch mit Verzug, dein Geld. Besonders durch die eher geringen Einzelinvestitionen hast du hier üblicherweise eine sehr breite Streuung. Damit dein gesamtes Portfolio merklich nach unten rutscht muss schon etwas größeres passieren.

Natürlich kannst du, wenn du einen größeren Betrag investierst diesen auch zeitlich aufteilen. Bei P2P sehe ich die Notwendigkeit allerdings tatsächlich nicht so gegeben. Wenn du dich damit wohler fühlst spricht allerdings auch nichts dagegen deine Investition auf zwei Blöcke mit einem Abstand von 6-12 Monaten zu platzieren.

Diversifikation von ETFs

Als nächstes stellt sich die Frage nach der Verteilung der ETFs. Hier wird es meiner Meinung nach schon etwas spannender. Aktien und damit auch ETFs sind regelmäßig Kursschwankungen ausgesetzt. Auch wenn die durchschnittliche Rendite nach 15 Jahren historisch bei 7% lag kann sich die tatsächliche Rendite abhängig von dem Tag deines Investments unterscheiden. Um so kürzer der Zeitraum um so gravierender kann der Unterschied ausfallen. Statistisch gesehen ist der frühestmögliche Einstieg und damit eine höhere Zeit im Markt (Time in the Market) zu bevorzugen. Für die Einzelperson kann eine entsprechende Einmalanlage allerdings dennoch bedeuten genau jenen Zeitpunkt zu erwischen der eine verhältnismäßig schlechte Rendite erzielt.

Um dieses Szenario zu eliminieren und auch psychologisch zu unterstützen nutzen wir auch bei Aktien/ETFs eine zeitliche Diversifikation. Eine Streckung auf 12-24 Monate erscheint hierbei sinnvoll. Wobei wie immer gilt, du musst dich damit wohlfühlen. Ich persönlich würde vermutlich eine Streuung über 18 Monate anpeilen. Je nachdem welchen Broker du nutzt kannst du dir überlegen ob ein monatlicher Sparplan oder ein halbjährlicher Sparplan günstiger ist. Generell ist beides möglich.

Ich persönlich nutze zur Zeit Flatex für meine ETF-Sparpläne da diese dort um 0€ einstellbar sind. Der einzige Nachteil ist der Negativzins auf Cash auf dem Konto. Das lässt sich für mich jedoch durch Daueraufträge relativ gut abfangen. Besonders da Österreich im Vergleich zu Deutschland hier etwas hinten nach ist als steuereinfacher Broker aktuell vermutlich die günstigste Möglichkeit für ETF-Sparpläne.

Fazit

Damit ist nach 1 1/2 Jahren alles investiert und erzielt hoffentlich langfristig eine solide Rendite. Wichtig dabei ist jedenfalls wie Anfangs geschrieben, dass du deine eigene individuelle Ausgangssituation analysierst. Welche Investitionen bestehen bereits? Wie viel soll angelegt werden? Wie lange ist der Anlagehorizont? Ist die neue Anlagesumme im Verhältnis zu der bereits bestehenden Summe gering ist eine zeitliche Diversifikation ggf. gar nicht notwendig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen